Rede zur Abschaffung des Straßenstrichs in Heilbronn, 22.12.2022

Veröffentlicht am 22.12.2022 in Kommunalpolitik

Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

Es gibt Entscheidungen im Gemeinderat, die trifft man mit voller Überzeugung und ohne lange nachdenken zu müssen. Eine solche Entscheidung ist die Zustimmung zur Drucksache 360 und dem Verbot der Straßenprostitution in Heilbronn nicht.
Eine Bemerkung vorab: wir sind völlig d’accord, dass die Zustände in der Hafenstraße unmenschlich waren und für die Frauen nicht nur erniedrigend, sondern auch gefährlich. Nicht nur aufgrund der Gefahren, die Prostitution üblicherweise mit sich bringt, sondern wegen ausufernder Bandenkriminalität, die von der Polizei offenbar nicht anders in den Griff bekommen werden konnte. Also war es richtig, den Straßenstrich zu schließen.

Mit der positiven Folge, dass die Zustände in der Hafenstraße sich normalisiert haben. Mit der unkalkulierbaren Folge, dass sich Prostitution, aber auch die Begleitkriminalität ins Dunkelfeld verlagern. Das bringt für die Prostituierten neue Gefahren und macht es für die Sozialarbeitenden deutlich schwieriger, sie zu erreichen. Ein niederschwelliges „Vorbeigehen“ wie auf der Straße, um Hilfe oder gesundheitliche Prävention anzubieten, ist jetzt nur noch schwer möglich, weil Prostitution nun in Wohnungen oder an unbekannten Orten stattfindet.

 

Nachdem sich in den letzten Wochen abgezeichnet hat, dass die Straßenprostitution in Heilbronn dauerhaft verboten wird, haben wir uns damit auseinandergesetzt, welche Rahmenbedingungen es geben muss, um die Problematik, auf die die Mitternachtsmission in ihrer Stellungnahme ja mit deutlichen Worten hinweist, aufzunehmen und Lösungen zu bieten. Wir haben dazu Gespräche geführt mit Sozialarbeiterinnen, aber auch mit Kolleginnen aus Mannheim und Stuttgart, wo es auch keine Straßenprostitution im klassischen Sinne gibt, dafür Straßenzüge und Viertel, wo sich Prostitution und entsprechende Lokalitäten konzentrieren und es damit ein erkennbares Betätigungsfeld für die Sozialarbeitenden – und auch für die Polizei – gibt. Auch dieser Aspekt muss in die Neukonzeption einfließen.

Es zeigt sich, auch dort können Prostituierte erreicht und unterstützt werden, wenn auch mit erhöhtem Aufwand. Dies gilt es, in der Konzeption, die nun erstellt wird, zu berücksichtigen. Der Zugang zu den Prostituierten z.B. für die Mitarbeitenden der Mitternachtsmission, muss gewährt bleiben. Neue Kontaktmöglichkeiten, auch digital, müssen etabliert werden. Ein gutes Beispiel ist die Amalie in Mannheim oder das Café la Strada in Stuttgart als niederschwellige Anlaufstelle für betroffene Frauen – und Männer, die es im Milieu schließlich auch gibt. Es wäre gut, wenn die Stadt der Mitternachtsmission signalisiert, dass sie die Entwicklung neuer Angebote und deren Umsetzung unterstützt, falls notwendig auch mit den nötigen Ressourcen.

Klar ist: es gibt in unserer Gesellschaft Prostitution, auch in Heilbronn. Klar ist auch: der Schutz der Prostituierten hat in unserer Stadt oberste Priorität. Dazu beitragen können auch eine Ergänzung der kommunalen Polizeiverordnung oder Schwerpunktaktionen der Polizei, die sich gezielt gegen Begleitkriminalität und die Gefährdung der Frauen richten.

Anrede
Uns ist es ein Bedürfnis, mit diesem Antrag zu dokumentieren, dass wir die Entscheidung, ob wir heute zustimmen oder nicht, nicht aus dem hohlen Bauch heraus getroffen haben, was uns sicherlich mit den meisten hier im Saal eint.  Wir denken, es ist wichtig, dass die Drucksache der Stadt, die sehr formal ist, weil sie einen Verwaltungsakt beschreibt, mit einem politischen Statement verbunden wird. Das ist Aufgabe des Gemeinderats und hierfür machen wir mit diesem Antrag ein Angebot.

Unser Antrag zur Drucksache